Er ist heute fast vollständig vergessen: Enrico Mattei (1906 – 1962), Gründer und erster Präsident des staatlichen italienischen Energiekonzerns ENI. Mattei, zu Lebzeiten von der internationalen Presse als der „mächtigste Italiener seit Augustus“ tituliert, versorgte sein rohstoffarmes Land durch eine aggressive Politik gegenüber den anglo-amerikanischen Erdölkartellen mit billigem Rohöl und Erdgas – und schuf damit die Grundlagen für das italienische Wirtschaftswunder in den 60iger Jahren. Aber Mattei wollte mehr und vielleicht zuviel: er wollte Italiens angestammte Vorreiterrolle im Mittelmeer zurückerobern – nach Mussolinis Allianz mit Hitler im Zweiten Weltkrieg inaktzepabel für die siegreichen Alliierten.
Auf dem Höhepunkt der Kuba-Krise, im Oktober 1962, als der Kalte Krieg die Schwelle zum Dritten Weltkrieg zu überschreiten drohte, stürzte der ENI-Firmenjet bei Mailand ab. Alle drei Flugzeuginsassen, Enrico Mattei, der Pilot und ein amerikanischer Journalist, kamen dabei ums Leben.
Bernhard Pfletschinger und Claus Bredenbrock schildern minuitiös, wie im Lauf der Jahrzehnte die offizielle Unfall-Version bröckelte und die Beweise für ein Attentat immer stichhaltiger wurden – für ein Attentat, das höchste Regierungsstellen Italiens zum Unfall und gleichzeitig zum Staatsgeheimnis erklärten, mit der Rückendeckung aller NATO-Partner, allen voran der USA.
Die Autoren stützen sich auf offizielle Untersuchungen des Gerichtes von Pavia (zuständig für den Absturzort Bascapé bei Mailand) und finden eine verblüffende Erklärung dafür, wie im Flugzeug des damals mächtigsten und bestgeschützten Mannes Italiens, in aller Ruhe eine Bombe mit einem hochkompliziertem Zündmechanismus angebracht werden konnte – damit der Absturz wie ein Unfall aussah.
Gleichzeitig gelingt es Pfletschinger und Bredenbrock, ein entscheidendes Kapitel der italienischen – und europäischen – Nachkriegsgeschichte wieder in Erinnerung zu rufen.