..Eine schonungslose Auseinandersetzung mit der Zeitehe im Iran – ehrlich, kritisch und bisweilen humorvoll.
Ein Junggeselle, der zwischen Beziehungsangst und Liebessehnsucht schwankt, eine geschiedene Frau, die ums Überleben kämpft und ein Mann des Glaubens, der versucht, die gelebte Sexualität anderer mit seinen Dogmen abzustimmen. Ihre Geschichten kreisen um die Praxis der Zeitehe, auch Lustehe genannt, einer schiitischen Tradition im Iran, die es einem Mann und einer Frau ermöglicht, für einen befristeten Zeitraum zu heiraten. Die Ehe kann von einer Stunde bis zu vielen Jahren dauern – manchmal für fünf Goldmünzen im Jahr, manchmal für 100.000 Toman. Legalisierte Prostitution oder ein Schlupfloch für Paare, um eine Beziehung innerhalb des repressiven Rechts der Islamischen Republik Iran zu leben – religiöses Dogma trifft auf Macho-Sentimentalität, trifft auf weibliche Lebensrealität.
Die iranische Filmemacherin Sudabeh Mortezai hat ein dichtes, stellenweise auch komisches, in jeder Szene hochinteressantes Porträt der iranischen Gesellschaft gestaltet, und sie schafft es dabei, die Menschen, die vor die Kamera treten, nicht zu diskreditieren: Sie alle leiden, bewusst oder unbewusst, an einem Geschlechterverhältnis, das Ungerech-tigkeit festschreibt. Der Film ist eine tiefgreifende Bestandsaufnahme darüber, wie die staatliche Kontrolle der Sexualmoral fundamentalen Einfluss auf das Befinden einer ganzen Gesellschaft ausübt. (Bert Rebhandl)
„Der unerlaubte Geschlechtsverkehr von unverheirateten Männern und Frauen gilt als Unzucht und wird mit 100 Peitschenhieben bestraft.“
(Artikel 88 Iranisches Strafgesetzbuch)
„Vollzieht ein Mann oder eine Frau mehrmals einen unerlaubten Geschlechts-verkehr und wurde die Strafe der Auspeitschung jedesmal vollstreckt, so wird die Person beim vierten Mal getötet.“
(Artikel 88 Iranisches Strafgesetzbuch)